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Geschrieben
15 Mai 2025
Thema
Nachhaltigkeit
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Dr. Katharina Reuter ist Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW). Bereits seit ihrer Jugend setzt sie sich für Umweltschutz ein und legte damit schon früh den Grundstein für ihr späteres Wirken als Nachhaltigkeitsexpertin - politisch klar und unbeirrbar engagiert: Mit gerade einmal 16 Jahren gründete sie die „Grüne Jugend Berlin“ mit, zwei Jahre später zog sie als jüngste Spitzenkandidatin der Stadt in den Kommunalwahlkampf.

Katharina wird als Speakerin bei unserem CIRCULAR REPUBLIC Festival am 22. und 23. Mai auf der Bühne stehen. Wir haben die studierte Agrarwissenschaftlerin vorab schon im Interview befragt.

Warum prägt das Thema Umweltschutz dich so stark?

Als Stadtkind haben mich die Urlaube auf dem Bauernhof in der Fränkischen Schweiz extrem geprägt. Da kommt meine Leidenschaft für Boden, Tiere und gesunde Lebensmittel her. Und dann habe ich schon früh beschlossen, mich einzumischen, nicht daneben zu stehen. Auslöser war eine Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz. Da war ich 15 Jahre alt und kam zurück mit dem starken Impuls, „Nie wieder“ für mich ganz konkret mit Leben zu füllen. Seitdem habe ich mich für soziale und ökologische Themen eingesetzt, mich auf verschiedenen Ebenen (z.B. im Studierendenparlament) engagiert und immer wieder gemeinnützige Vereine oder Initiativen gegründet.


Wie nimmst du die Stimmung in der deutschen Wirtschaft derzeit wahr?

Die Stimmung ist geteilt - es gibt nicht nur die, die jammern. Es gibt auch die, die machen. Trotzdem ist die Unsicherheit hoch. Unternehmen merken langsam, dass ein „Weiter so“ nicht funktioniert.

Wir müssen neue Leitmärkte aufbauen, gerade wenn es um Kreislaufwirtschaft, klimaeffiziente Lösungen und den Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung geht. Vieles wurde in der letzten Legislatur angelegt. Was es jetzt weiterhin braucht, sind Investitionen und starke Standards. Unsere Mitgliedsunternehmen sind bereit, in Klimaschutz zu investieren, aber dann müssen auch die politischen Leitplanken dafür stimmen. Wenn jetzt die Wirtschaftsministerin sagt, Klimaschutz sei in den vergangenen Jahren "überbetont" worden, ist das Gift für Innovationen und Investitionen in diesen Geschäftsfeldern.

Wir erwarten hier von Schwarz-Rot verlässliche Signale und passende Maßnahmen, die das Klimaziel 2045 mit Leben füllen.


Kann Kreislaufwirtschaft der Schlüssel für einen starken Wirtschaftsstandort sein?

Ja, absolut! 12 Milliarden jährliche Bruttowertschöpfung für Deutschland und 177.000 bis 2030 in der EU. Das sind starke Zahlen, die für die Kreislaufwirtschaft sprechen. Nicht umsonst hat sich Friedrich Merz vor der Wahl positiv geäußert. Neben den Arbeitsplätzen stärken ein konsequentes Design for Recycling zusammen mit einer gut ausgebaute Recyclinginfrastruktur die Rohstoffsicherheit (Stichwort: Abhängigkeit von China) und garantieren der Wirtschaft verlässliche Preise. Gleichzeitig wird der Klimaschutz vorangetrieben und der Ressourcenverbrauch pro Kopf sinkt. Aus Sicht des BNW ist das eine Win-Win-Win Situation, die zeigt, wie gut Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit miteinander verzahnt werden können. Umso schneller muss die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie jetzt in die Umsetzung kommen – und das bitte ambitioniert, nicht nur mit einigen wenigen Eckpunkten, die dann auch noch unter Finanzierungsvorbehalt gestellt werden.


Schon heute sind nachhaltige Innovationen die effizientesten und günstigsten Lösungen am Markt.

Dr. Katharina Reuter

Was brauchen neue nachhaltige Innovationen jetzt und welche Hürden gilt es zu überwinden - auch mit Blick auf die Politik?

Schon heute sind nachhaltige Innovationen die effizientesten und günstigsten Lösungen am Markt. Wir sehen das bei der Wärmepumpe, genauso wie bei Strom aus Wind und Solar. Statt sich hinter dem Fake-Argument der Technologieoffenheit zu verstecken, muss sich die neue Regierung klar zur Förderung nachhaltiger Innovationen bekennen. Im gleichen Zug müssen fossile Fehlanreize wie die Steuerbefreiung für Erdöl bei der Herstellung von Plastik abgeschafft werden. Sie verzerren den Markt, binden Haushaltsmittel und verhindern, dass sich Recyclingrohstoffe durchsetzen können. Rhetorisch und technisch brauchen wir ein Level-Playing Field in dem offen, faktisch und orientiert am Klimaziel die besten, nicht die ältesten Innovationen gefördert werden.


Wie können wir aus deiner Sicht alle die ökologische und wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland positiv beeinflussen?

Mein Rezept: Mehr Selbstbewusstsein für die Cleantech- und nachhaltige Wirtschaft. Es ist wichtig, über den Erfolg nachhaltiger Lösungen zu sprechen. Denn nur mit nachhaltigen Lösungen wird uns ein Wirtschaftssystem gelingen, das innerhalb der planetaren Grenzen funktioniert. Wir haben im BNW viele Unternehmen, die mit ihrer Geschichte und ihren Produkten bzw. Dienstleistungen genau das zeigen.

Plus: Persönliche Begeisterung! Das treibt den Wandel und motiviert Nachahmer:innen. In diesem Zusammenhang freue ich mich schon sehr auf den Einbau einer Wärmepumpe in unserem hundert Jahre alten Haus. Dann kann ich alle Mythen rund um das Thema widerlegen!


Was bedeutet die Teilnahme beim CIRCULAR REPUBLIC Festival für dich? Worauf freust du dich?

Auf die Medienvertreter:innen vor Ort – die hoffentlich auch vor komplexen Themen nicht zurückschrecken. Auf die Circular Economy Bubble und die vielen BNW-Mitgliedsunternehmen und -Startups vor Ort. Auf die gemeinsame Erkenntnis, dass Kreislaufwirtschaft mit der linearen Wirtschaftsweise bricht, die über Jahrzehnte unser Denken und Handeln geprägt hat. Beim Circular Republic Festival grundlegend neu zu denken und gemeinsam an der zirkulären Zukunft zu arbeiten ist für mich total bereichernd. Ich freue mich darauf, viele der Ideen später mit ins politische Berlin zu nehmen.

Vielen Dank für das Interview, liebe Katharina!

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