Eine erfolgreiche Innovationskultur – ob national oder international – braucht Orte, an denen Zukunft entstehen kann. München ist so ein Ort. Hier konzipieren Menschen digitale Lösungen, die den internationalen Markt prägen, gesellschaftliche Herausforderungen lösen… und nicht denkbar wären ohne ein starkes Netzwerk vor Ort, das ihr Entstehen fördert. Wir haben mit Clemens Baumgärtner gesprochen, Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München. Er erzählt, wie hier Innovatives entsteht und die Stadtverwaltung dazu beiträgt.
Welche Erfolgsfaktoren und Stärken kann der Digitalstandort München vorweisen?
Der Standort München zeichnet sich durch einen breiten und ausgewogenen Branchenmix der Münchner Wirtschaft aus. Der IKT-Sektor (Informations- und Kommunikations-Technologie) ist ein elementarer Part der Münchner Wirtschaft. Dabei zeichnet er sich durch eine hohe Vielfalt von Querschnitts- und Anwendungs-Technologien aus.
Trotz Corona ist gerade der Informations- und Kommunikationssektor in München nicht nur ein Katalysator für Innovationen, sondern auch eine echte Jobmaschine. In den letzten zwei Jahren entstanden hier knapp 11.000 Arbeitsplätze, ein Zuwachs von über 12 Prozent.
Ebenso erfreulich sind die Entwicklungen in den forschungsintensiven Branchen des High-Tech-Sektors. Neben einem überdurchschnittlich hohen Beschäftigungswachstum zeichnet sich die Branche als derjenige Sektor aus, in dem die Digitalisierung besonders vorangetrieben wird. München ist also nicht nur Digital-, sondern auch High-Tech- und Innovationsstandort. Diese Bereiche sind hier eng verwoben.
Die Expertise und Ressourcen der Unternehmen aus den genannten Branchen sind sicherlich Stärken des Digitalstandorts. Gleichzeitig gibt es viele weitere Faktoren, die begünstigen, dass sich Unternehmen wie Apple, Google und IBM für München entscheiden.
Digital-, High-Tech- und Innovationsstandort – was macht in München den Unterschied?
Das vielfältige Ökosystem und die enge Vernetzung der Akteurinnen und Akteure in München sind ein absolutes Plus. Hierzu zählen namhafte und international erfolgreiche Unternehmen ebenso wie unsere exzellenten Universitäten und Hochschulen. Sie treiben die Forschung voran und bringen vielgesuchte Talente auf den Arbeitsmarkt. Auch die Rolle der öffentlichen Hand ist wichtig. So fördert die Landeshauptstadt München durch verschiedenste Maßnahmen die Entwicklungen des Digital- und Innovationsstandorts, beispielsweise durch den städtischen Innovationswettbewerb. Ebenso unterstützen kleinere und größere Initiativen sowie institutionelle Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in München die Vernetzung und Kooperationsmöglichkeiten.
In einer Umfrage des „Deutschen Startup Monitors 2021“ bewerteten 77 Prozent der Münchner Gründenden das Start-up-Ökosystem als sehr gut oder gut. Damit liegen wir 12 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt.
Wesentlich ist dabei die Rolle der Entrepreneurship-Zentren, wie UnternehmerTUM. Aus einer Idee vor 20 Jahren ist Europas größtes Innovations- und Gründungszentrum in unserer Landeshauptstadt entstanden. Für uns ist das ein Glücksfall, der unseren Standort seit der Gründung bereichert.
Welche Ideen und Lösungen brauchen wir in Zukunft noch, um die Digitalisierung in München voranzubringen – als Best Practice für ganz Deutschland?
Die Landeshauptstadt München steht, wie Kommunen weltweit, vor Herausforderungen, die wir nicht allein lösen können. Hierzu zählt neben Themen wie Mobilität, Klimaschutz, Energie, Gesundheitsversorgung auch die Digitale Transformation.
Das Colab ist eine gemeinsame Initiative der Landeshauptstadt München und UnternehmerTUM. Ziel des Munich Urban Colab ist, eine Plattform für Start-ups, etablierte Unternehmen, Wissenschaft, Talente, Kreative, Bürgerschaft und die städtischen Unternehmen sowie die Verwaltung der Landeshauptstadt München für die Entwicklung von Smart City-Lösungen zu bieten.
Seit der Eröffnung erleben wir eine unglaublich hohe Nachfrage. Nationale und internationale Delegationen wollen mehr über das Munich Urban Colab erfahren und sind begeistert. Es stand schon die Idee im Raum, ob nicht auch Amsterdam ein ähnliches Modell imitieren könnte. Damit wären wir beim Thema Best Practice. Für uns ist das eindeutig das Munich Urban Colab.
Basis der Digitalisierung ist auch die digitale Infrastruktur. Wo steht die Landeshauptstand in Sachen Breitband und Mobilfunk?
Während der Corona-Pandemie schritt die Digitalisierung rasch in allen Lebensbereichen voran. Entsprechend wachsen die Anforderungen an die digitale Infrastruktur in München. Daher freuen wir uns über sehr positive Entwicklungen im Bereich Glasfaser, sehen uns im Bereich Mobilfunk aber noch mit Herausforderungen konfrontiert.
Das Glasfasernetz in München wird kontinuierlich weiter ausgebaut. Während die SWM und M-net schon seit 2007 große Investitionen in das flächendeckende Glasfasernetz in München tätigten, engagiert sich nun insbesondere seit letztem Jahr auch die Telekom mit einem Investitionsvolumen von 500 Mio. Euro in das Glasfasernetz Münchens sowie für den Ausbau des Mobilfunkstandards 5G. Die Stadtwerke München haben aktuell 630.000 Haushalte an das leistungsstarke und zukunftssichere Netz angebunden. Bis zum Abschluss des Ausbaus im Jahr 2023 werden es knapp 650.000 Haushalte sein. Die Telekom wird bis Ende 2022 ca. 55.000 Haushalte anschließen.
Die Situation im Mobilfunknetz hingegen ist eher von knappen Ressourcen und einer nicht immer optimalen Versorgung geprägt. Die Stadt braucht dringend neue Mobilfunkmasten zur Erweiterung und Optimierung des bestehenden Netzbetriebes. Doch das scheitert häufig an der Standortakquise. Aktuell haben die Mobilfunkbetreibenden 700 neue Standorte für Mobilfunkantennen zur Erweiterung und Aufrechterhaltung des bestehenden Netzbetriebes, angefragt, aber davon wurden in den vergangenen zwei Jahren nur 18 gebaut. Zur Förderung des Mobilfunkausbaus hat die Stadt deshalb im Juli beschlossen, eine Art Mobilfunkrat zu gründen, der den Ausbau auch auf städtischen Grundstücken fördern soll.
Vielen Dank für das Interview!