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Start-ups mit klimawirksamen Technologien: ein Innovationsschub in den wichtigsten Sektoren

Satellitenbild der Erde © United States Geological Survey
Geschrieben
28 Juli 2020
Thema
Nachhaltigkeit
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Weltweit benötigen wir Innovationen, die dem Klimawandel entgegenwirken. Start-ups antworten dieser Nachfrage mit einem Angebot, das traditionell umweltschädliche Industrien zum Besseren verändert. Werft einen Blick auf unsere Landkarte mit Start-ups im Bereich Klima-Technologien, um einige davon kennen zu lernen. Der Fokus liegt hier auf der DACH-Region (Deutschland, Österreich und die Schweiz).

Im Bereich der klimawirksamen Technologien (Climate Tech) verzeichnen wir einen rasanten Anstieg an Aktivitäten von Start-ups. Der Bedarf an Lösungen ist deutlich: Treibhausgas-Emissionen steigen immer noch an und unsere Umwelt ist stark von den Folgen des Klimawandels betroffen. Um unsere Verpflichtung einzuhalten, die Erderwärmung auf 2°C (idealerweise 1.5°C) zu begrenzen, sind starke politische Maßnahmen sowie zukunftsweisende Innovationen notwendig.

Nachhaltige Zukunft mit Start-ups

Der UnternehmerTUM-Accelerator TechFounders hat die unten stehende Landkarte mit jungen Unternehmen im Bereich Klima-Technologien erstellt. Ihr findet darauf Lösungen für die fünf Sektoren, die am meisten zum Klimawandel beitragen. Verhaltensänderung als wichtiger Faktor für die Reduzierung der Emissionen ist zusätzlich dabei. Insgesamt listet das Team sechs Kategorien auf:

  1. Energie
  2. Nahrungsmittel, Land- und Forstwirtschaft
  3. Fertigung
  4. Verkehr
  5. Gebäude
  6. Auswertung und Verhaltensänderung
Grafik mit Start-up-Logos in Sektoren

Landkarte mit Start-ups im Bereich Klima-Technologien, eingeteilt in Wirkungsbereiche

1. Energie

Der Energiesektor trägt laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) mit einem Anteil von 25% am meisten zu den globalen Treibhausgas-Emissionen bei. In erneuerbare Energien zu investieren lohnt sich aber nicht nur deswegen. Sie liefern zudem Energie für andere Sektoren, die so ihre Ausstöße senken oder verhindern können und sind Teil einer weitreichenderen Lösung. Eine Vielzahl an Start-ups nimmt sich dem Thema an - mit Lösungen, die ästhetischer, ökonomischer und effizienter sind. So z.B. Solaxess, die Solarpanele ohne sichtbare Zellen produzieren.

Trotzdem besteht die größte Hürde immer noch darin, Energie zu speichern und im Stromnetz verfügbar zu machen. Wir sehen viele junge Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind und es uns in Zukunft ermöglichen werden, auch an Tagen ohne viel Sonne und Wind saubere Energie anzuzapfen. Kraftblock etwa ermöglicht thermische Energiespeicherung, die nicht nur über eine hohe Speicherkapazität verfügt, sondern auch industriell anfallende Wärme in Energie umwandelt.

2. Nahrungsmittel, Land- und Forstwirtschaft

Die Landwirtschaft steht der Herausforderung gegenüber, zukünftig eine exponentiell wachsende Bevölkerung zu ernähren ohne gleichzeitig die Emissionen steigen zu lassen. Deshalb konzentrieren sich Innovationen hier darauf, die Abfallrate und Verschmutzung in unserem Lebensmittel-System zu verringern und nachhaltigere Wege der Ernährung zu finden.

Ein gutes Beispiel für die Reduktion von Abfall ist das schwedische Start-up Whywaste, das eine Management- und Analyse-Software anbietet. Diese behält Mindesthaltbarkeitsdaten in Lebensmittel-Geschäften im Auge und reduziert die Menge an verdorbenem Essen im Warenstrom des Einzelhandels um bis zu 40%.

Außerdem gibt es viele junge Unternehmen, die neue Alternativen für Fleisch- oder Milchprodukte anbieten - und damit helfen, Methan-Emissionen zu verringern (zu 4% aus der Viehhaltung stammend). Mushlabs zum Beispiel wurde 2018 gegründet und bietet Fleischalternativen an, die auf Pilzwurzeln basieren.

Eine weiterer Weg, die Landwirtschaft effizienter und nachhaltiger zu gestalten, ist, die benötigte Fläche zu reduzieren. Eine Vielzahl an Teams erneuert die traditionelle Landwirtschaft mit vertikalen Anbau-Technologien, z.B. die Start-ups Growcer aus der Schweiz und Grönska aus Schweden.

3. Fertigung

Industrieprozesse stoßen viele unterschiedliche Treibhausgase aus. Nachhaltige Herstellungsverfahren mit Rohstoffen wie Stahl, Beton, Zement, Papier u.a. sowie für Komponenten und Produkte zu entwickeln wird den Sektor deshalb signifikant verändern.

Viele innovative Lösungen orientieren sich zum Beispiel an der Kreislaufwirtschaft und entwickeln Technologien mit geringem Kohlenstoff-Ausstoß - etwa das Schweizer Start-up Neustarck mit wiederverwertetem Beton-Aggregat aus abgerissenem Beton, das CO2 in Kalzit umwandelt. Oxara aus Zürich stellt aus Material von baulichen Abgrabungen Beton her - ohne umweltschädliche Zusätze und im Vergleich zu konventionellem Beton mit 90% weniger CO2-Ausstoß. Trotzdem liegt bei der Herstellung anderer üblich genutzter Materialien wie Stahl immer noch ein langer Weg vor uns, bis wir einen nachhaltigen Fertigungssektor erreichen.

Die Vernichtung von CO2-Partikeln in der Atmosphäre ist ein genauso wichtiges Thema, denn diese heizen über Jahre hinweg unseren Planeten auf. Wir haben einige Start-ups entdeckt, die genau dieses Problem mit vielversprechenden Lösungen angehen: Es wird z.B. viel im Bereich der Kohlenstoff-Bindung geforscht - ein Gebiet, auf dem das Schweizer Start-up Climeworks, mit einer Gesamtfinanzierung von 125 Millionen Euro, führend ist. Ihre mit erneuerbaren Energien angetriebenen stapelbaren Maschinen fangen Kohlenstoff ein. Dieser kann schließlich entweder recycelt oder als Rohstoff wiederverwendet werden. Zudem garantieren sie, dass 90% der eingefangenen Partikel endgültig beseitigt werden.

4. Verkehr

Der Verkehrssektor generiert die vierthöchsten Treibhausgas-Emissionen, 14% laut dem IPCC. Vor allem resultieren diese aus dem Straßenverkehr und der Verbrennung fossiler Brennstoffe in Flugzeugen, Zügen, Lastwägen bzw. Autos und Schiffen bei Passagier-Reisen (60%) und Fracht-Transporten (40%). Der Sektor ist in seinen CO2-Ausstößen am schnellsten gewachsen und Experten erwarten, dass diese weiterhin kontinuierlich ansteigen werden.

Alle etablierten Firmen und viele neue Unternehmen im Bereich Mobilität arbeiten intensiv an Lösungen: Treibstoffe effizienter einsetzen, neue Materialien entwickeln, alternative Technologien und neue Wege zur Fortbewegung finden. Dabei revolutionieren einige Start-ups die Industrie mit neuen Ansätzen und technologischen Lösungen. Zum Beispiel Lilium aus München, die mit ihrem komplett elektrischen Passagier-Jet einen Mobilitätsservice für den Luftraum realisieren wollen, oder das deutsche Start-up e.GO MOOVE, das urbane Fortbewegung mit elektrischen, vernetzten und autonomen Fahrzeugen neu erfindet.

Darüber hinaus gibt es natürlich viele Start-ups, die effizientere und leichtere Antriebe entwickeln, wie z.B. Fazua (E-Bikes) und Volabo (elektrische Bootmotoren).

5. Gebäude

Wegen der rasant wachsenden Bevölkerung wird in den nächsten Jahren auch ein Zuwachs an Baustellen erwartet. Aufgrund der verwendeten Baumaterialien und der Energieversorgung für Beleuchtung und Wärme verursachen Gebäude eine große Menge an Treibhausgasen.

Junge Unternehmen schaffen mit neuen Produkten eine Perspektive, um die schädlichen Auswirkungen des Baus zu reduzieren und abzuschwächen - etwa indem sie Materialien für Fassaden und Dämmung anbieten, die nicht nur klimaneutral sind, sondern die Menge an Kohlenstoffdioxid in unserer Umwelt sogar reduzieren. Bspw. hat das 2016 gegründete Start-up Made of Air eine Substanz entwickelt, die zu 90% aus Kohlenstoff aus der Atmosphäre besteht. Dafür gibt es einige Anwendungsfelder im Bausektor, z.B. bei Fassaden oder der Innenausstattung. Ein weiteres Beispiel ist das deutsche Unternehmen Artificial Ecosystems, das CO2-absorbierende Verkleidungen für Gebäude anbietet.

Genauso wichtig sind Ansätze, die Bau-Ressourcen effizienter machen und unnötige Emissionen reduzieren. Start-ups wie Envio und Myrsproven optimieren den Energieverbrauch von Gebäuden während tado° ein smartes Heizungssystem anbietet.

6. Auswertung und Verhaltensänderung

Der Verantwortung, eine nachhaltigere und emissionsfreie Umwelt zu schaffen, müssen alle Menschen sowie kleinere und größere Organisationen begegnen. Um uns dabei zu helfen, unseren eigenen ökologischen Fußabdruck in Bereichen wie Verkehr oder Ernährung bewusster wahrzunehmen, haben viele Start-ups Lösungen entwickelt.

Analyse-Software oder Apps für mobile Endgeräte ermitteln den CO2-Ausstoß und motivieren einerseits Einzelpersonen dazu, die eigenen Emissionen zu reduzieren, indem sie anders konsumieren oder sich fortbewegen. Das Berliner Start-up Changers bietet eine App an, die Bürgerinnen und Bürger, Angestellte und andere User-Gruppen zum umweltbewussten Handeln bewegt. Sie vergibt Tokens, die für Preise eingetauscht werden können. Andererseits zeigen Start-ups wie Plan A oder Klima Metrix Unternehmen, wie sie ihre Ausstöße verringern oder ausgleichen können.

Fazit

Wir können das ambitionierte Ziel der EU, dem Pariser Klimaabkommen bis 2030 gerecht zu werden, nur einhalten wenn wir Treibhausgas-Emissionen um ganze 40% senken. Dazu müssen wir unsere Unterstützung für Start-ups, die mit Technologie dem Klimawandel entgegenwirken, kräftig hochschrauben. Wir sind sicher, dass Start-up-Aktivitäten im Bereich Klima-Technologien in den kommenden Jahren noch um einiges mehr Zuwachs bekommen werden, da allen Stakeholdern - inklusive den Regierungen, Kapitalmärkten und Firmen - immer bewusster wird, dass Innovation der Schlüssel zum benötigten Wandel ist.

Nehmt Kontakt auf

  • Wenn ihr mit Start-ups an Lösungen arbeiten wollt oder euch eine umfassendere Liste an jungen Unternehmen im Bereich Klima-Technologien interessiert, schreibt bitte eine E-Mail an:
    Sylvia Stojilkovic
    Managing Partner TechFounders
    sylvia@techfounders.com
  • Ihr möchtet als Unternehmen Innovation voranbringen und mit Beratung Projekte realisieren? Dann meldet euch gerne bei:
    Christian Mohr
    Managing Director und Chief Customer Officer UnternehmerTUM
    christian.mohr@unternehmertum.de
  • Für Start-ups, die in die Auflistung mit aufgenommen werden möchten, ist unser Ansprechpartner:
    Andy Hurt
    Venture Associate TechFounders
    andy@techfounders.com

Der Artikel wurde verfasst von: Miki Yokoyama, Florian Ebel, Marta Tarruella und Brian Diaz

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